Das Problem Bauschäden durch organischen „Verunreinigung“ auf Fassaden tritt in den letzten Jahren verstärkt und vor allem auf gut wärmegedämmten Fassaden auf. Damit sich Algen und Pilze auf Baustoffoberflächen ansiedeln und überleben können, müssen entsprechende Temperatur- und Feuchteverhältnisse an der Fassade gegeben sein. Schimmelpilze benötigen zum Beispiel für ihr Wachstum eine gewisse relative Luftfeuchte über einen längeren Zeitraum hinweg. Algen brauchen in der Regel höhere Feuchten als Schimmelpilze. Außerdem können Algen längere Trockenperioden ohne Schaden überstehen, da sie ihre Lebensfunktionen auf ein Minimum herunterfahren können, bis sie wieder mit Wasser in Berührung kommen.

Algen und Flechten reagieren besonders empfindlich auf Schadgase, weswegen sie auch als Bioindikatoren für die Luftqualität verwendet werden. So gesehen ist die vermehrte Erscheinung von Algenbewuchs auf Oberflächen auch auf die Abnahme der Luftschadstoffe in den letzten Jahrzehnten zurückzuführen, was auch auf die zunehmende Entgiftung unserer Umwelt zutrifft.

Die umfangreichen Anstrengungen zur Verbesserung des Wärmeschutzes unter anderem von Außenwänden haben zu einer Erhöhung der Wärmedämmung von Außenbauteilen geführt. Dies hat die erwünschte Folge, dass der Wärmeabfluss durch diese Bauteile reduziert wird und sich deshalb auf deren Außenseite niedrigere Oberflächentemperaturen einstellen als bei schlechter gedämmten Fassaden.

Bauphysikalisch betrachtet steigt durch diese Maßnahmen die Wahrscheinlichkeit und Häufigkeit, dass sich auf der Außenoberfläche von Fassaden höhere Oberflächenfeuchten bis hin zu Tauwasser bilden können. Die Folge davon ist, dass die Feuchte als wichtigste Grundlage für mikrobielles Wachstum auf gut gedämmten Außenwänden in zunehmendem Maße vorliegt.

Neueren Untersuchungen zufolge werden Fassaden, an denen die Feuchte vorwiegend durch Tauwasserausfall an der Oberfläche entsteht, häufiger und stärker von Algen und Pilzen besiedelt als Fassaden, bei denen die Feuchte lediglich durch Beregnung zugeführt wird!

Da sich im Regelfall an den grundlegenden bauphysikalischen und an den durch den Standort gegebenen Voraussetzungen auch durch einen Neuanstrich der Fassade nichts ändert, ist davon auszugehen, dass es nach einem Renovierungsanstrich wieder zu einer erneuten organischen Kontaminierung und weiteren Bauschäden der Fassade kommen wird.

In welchem Zeitraum und in welchem Ausmaß dies erfolgen wird, läßt sich nicht vorhersagen und ist von vielen standortgebundenen Faktoren abhängig (innerstädtische oder eher ländliche Bebauung, Bäume und Sträucher in näherer Umgebung, Entfernung zum nächst gelegenen landwirtschaftlich genutzten Flächen und vieles mehr).

Generell ist davon auszugehen, dass je ländlicher die Umgebung und je besser die Luftqualität ist, desto größer die Wahrscheinlichkeit für einen biologischen Bewuchs der Fassaden wird.

Bei der Angebotseinholung für eine Fassadenrenovierung muss folgendes beachtet werden:

Viele Anstrichhersteller bieten algizid (gegen Algen) und fungizid (gegen Pilze) ausgestattete Anstrichsysteme an. Biologisch schwer abbaubare Biozide wie zum Beispiel Quecksilber, PCP und zinnorganische Verbindungen sind in Deutschland nicht mehr zugelassen, was aber nicht bedeutet, dass sie doch als Importprodukte vertrieben werden. Damit die heute eingesetzten biologisch unbedenklichen Mittel wirken können, also von den Pilzen und Algen aufgenommen werden, müssen sie wasserlöslich sein. Das bedeutet, dass zum Beispiel bei jeder Beregnung bestimmte Anteile dieser Mittel aus dem Anstrich herausgelöst werden und die biozide Ausrüstung der Oberflächen nur zeitlich begrenzt wirksam ist. Soll heißen: Je umweltfreundlicher eine Fassade ausgestattet ist, desto schneller wird sie renovierungsbedürftig.

Selbst wenn bei dem anstehenden Renovierungsanstrich ein entsprechend ausgerüstetes Anstrichsystem Verwendung findet, bietet dieses keine Gewähr dafür, dass ein erneuter mikrobieller Befall der Fassade auf Dauer ausgeschlossen werden kann!

© Probst 2008

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